Katholische Pfarrkirche St. Josef, Simmern/Hunsrück

Nur wenige Heilige erfuhren im Laufe der Jahrhunderte so unterschiedliche Rollenzuweisungen wie der heilige Josef. Oft verkannt, erweist er sich jedoch bei genauerer Betrachtung als äußerst vielschichtige Persönlichkeit, die Maria ebenbürtig war. In den Evangelien, nur Matthäus und Lukas erwähnen ihn, erfährt man kaum etwas zu seiner Person. Von ihm selbst ist kein einziges Wort überliefert. Er ist ein Schweigender, der Gottes Weisungen im Traum erhält und dann getreu danach handelt. Lautlos, stumm, wie zu Lebzeiten verschwindet die Figur des sorgenden Nährvaters nach der Begegnung Jesu mit den Schriftgelehrten. Sein Tod wird in der Bibel nicht erwähnt.

Die mittelalterlichen Bilder, die Josef als Brei Kochenden und Windeln Waschenden, stets im Hintergrund Stehenden schildern, trugen nicht zu seinem Ruhm bei. Zwar gab es bereits früh eine klerikale Bewegung, die sich für eine Verehrung des Heiligen einsetzte, eine allgemeine populäre, von der Bevölkerung getragene blieb jedoch bis zum späten Mittelalter aus. Die „wahre“ Natur seiner Ehe mit Maria sowie sein Vaterschaftsverhältnis für breite Kreise der Bevölkerung verständlich zu machen, war äußerst schwierig – daher schrieb man ihm bereits früh ein hohes Alter zu. Dem entsprechend wurde Josef während des gesamten Mittelalters als alter, greiser Mann charakterisiert, dem man etwas Anderes als die „Josefsehe“ ohnehin nicht mehr zutraute.

Es waren vor allem die Franziskaner, die früh, schon im 13. Jahrhundert, eine Verehrung des Heiligen förderten. Später waren es die Jesuiten und die Karmeliter, die seinen Kult nachdrücklich unterstützten und dazu beitrugen, dass Josef aus seiner verächtlichen Rolle herauskam. Insofern war es nur folgerichtig, dass die Karmeliter den Heiligen nicht nur zum Patron ihrer 1750 bis 1752 neu erbauten Klosterkirche in Simmern machten, sondern auch seiner Vita breiten Raum gaben.

Das prachtvolle Deckenbild schuf der Mannheimer Hofmaler Francesco Bernardini. Geschildert werden die Verlobung, das sogenannte Stabwunder und die Geburt Christi. Zwar sind die beiden Szenen durch den breiten Querbalken des Stalls getrennt, jedoch besitzen sie eine einheitliche zentralperspektivische Konstruktion. Die Geburt ist in die Ruine eines antiken Gebäudes verlegt, dessen mächtige marmorne Pfeiler mit vergoldetem Roncailleschmuck die Szene beherrschen. Auf einem hohen Treppensockel kniet Maria anbetend vor dem Kind, während die groß ins Bild gesetzte Figur des hl. Josef den linken Bildrand einnimmt. Nicht mehr als alter Mann, sondern deutlich jünger, mit dunklem Haar und Bart, wird er nun mit christusähnlichen Zügen dargestellt.

Dem apokryphen Protoevangelium des Jakobus ist die zweite Szene, das Stabwunder, entnommen. Mit Hilfe eines Staborakels versucht der Hohepriester den richtigen Ehemann für Maria zu finden, die als Tempeljungfrau unberührt bleiben sollte. Es ist Josef, der das göttliche Zeichen erbringt: sein Stab grünt und erblüht.

Die Pergamentinschrift, die am Gebälk befestigt ist, verweist auf die Bedeutung Josefs in der Heilsgeschichte: IOSEPH •∙VIR • MARIAE • / DE • QVA • NATVS • FVIT • IESVS • / QVI • VOCATVR • CHRISTVS – Josef, der Mann Marias, von ihr wurde Jesus geboren, der Christus genannt wird (Mt 1,16).

Oberhalb des Stabwunders, in den Wolken, sind im lockeren Halbkreis die Könige des Alten Testamentes versammelt, darunter David mit der Harfe. Er ist ein Hinweis auf Josefs Abstammung aus dem vornehmen Königsgeschlecht, dem Hause Davids. Es folgen die vier Evangelisten und schließlich Josef, dem Engel den Kranz, die Krone des Ewigen Lebens, reichen.

Das monumentale barocke Deckenbild, die Statuten des hl. Josef sowie das Fenster mit der Heiligen Familie aus dem 19. Jahrhundert belegen die tiefe Verehrung, die der Heilige über Jahrhunderte vor allem im Hunsrück erfuhr. Sie bezeugen zugleich seinen rasanten Aufstieg in den Kanon der Heiligen: 1479 Aufnahme seines Festtages in den römischen Heiligenkalender, 1621 der 19. März gebotener Festtag für die gesamte Kirche, 1870 Ernennung zum Schutzpatron der katholischen Kirche.

Nicht nur die Bilder der Heiligen waren einem Wandel unterworfen, sondern auch die Darstellung des Gottessohnes. So war der archaisch strenge Christus, wie er uns in Ravengiersburg und Sargenroth begegnet, typisch für die Zeit der Romanik. Hier in der spätbarocken Josefskirche tritt uns nun ein dem Menschen zugewandter, ein barmherziger Gott entgegen. Die bekrönende Skulptur der Kanzel, die Darstellung Christi als guter Hirte, erwarben die Karmeliter 1758 vom Mainzer Bildhauer Martin Bitterlich. Bekleidet mit fußlangem Gewand, Hirtenstab und Tasche, schaut Christus dem von der Klostergasse her Eintretenden gütig entgegen. Das Motiv des Guten Hirten, der sein Schäflein auf den Schultern trägt, gehört zu den frühesten bildlichen Darstellungen Christi. Dieses Bild, das schon die frühchristlichen Katakomben schmückte, kündet von den Ursprüngen des Glaubens. Die Geste des sorgenden Hirten spendet Trost und Hoffnung. Sie lässt den Gläubigen aufgehoben sein in der Liebe Gottes und öffnet ein Stück weit den Himmel.

© Werner Dupuis

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