Katholische Kapelle St. Anna, Belgweiler

Die Verehrung der hl. Anna, der Mutter Mariens, setzt in Europa recht spät ein. Anfangs nur in der Ostkirche verbreitet, gelangte ihr Kult erst während der Kreuzzüge in den Westen. Anna kommt in den biblischen Berichten nicht vor. Erstmals erwähnt wird sie im apokryphen Protoevangelium des Jakobus aus dem 2. Jahrhundert. Ihre hier erzählte Geschichte ist geprägt von ihrem lang gehegten Kinderwunsch, der sich für sie und ihren Ehemann Joachim erst sehr spät, dann aber auf wunderbare Weise erfüllte. Dies machte sie nicht nur zur Fürsprecherin für alle, die einen solchen Wunsch hegten, sondern auch zur Patronin der Schwangeren und Mütter.

Für die Verbreitung ihrer Legende sorgte dann im 13. Jahrhundert vor allem der Dominikaner Jakobus de Voragine, der sie in seine bald überaus populäre Sammlung von Heiligenlegenden, die Legenda aurea, aufnahm. Mit der gesteigerten Frömmigkeit des Spätmittelalters kam es ab der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, einhergehend mit dem vermehrten Interesse an der Kindheitsgeschichte Mariens, auch zu einer intensiven Verehrung ihrer Mutter Anna. Seinen ersten Höhepunkt erfuhr der Annenkult 1481 mit der Aufnahme des Festtages in den römischen Heiligenkalender durch Papst Sixtus IV. Zeitgleich erschienen Annenlegenden in großer Zahl im Druck, die nicht nur erstaunliche Einzelheiten, sondern auch von Wundern zu berichten wussten, die dank der Fürsprecherin geschehen waren. Danach mehrten sich nicht nur die Altarweihen und Patrozinien, sondern auch die Bildstiftungen und Andachtsbücher zu Ehren der Heiligen.

Auch die kleine, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbaute Kapelle in Belgweiler ist der hl. Anna geweiht. Nach der örtlichen Überlieferung geht sie auf eine Stiftung zurück. Seit alters her gehört sie zur Pfarrei Ravengiersburg. Von dort kamen einst auch die Eremiten, die im benachbarten Haus wohnten und die Kapelle liturgisch versorgten.

Der unverputzte Schieferbruchsteinbau im Typus der Saalkirche mit dreiseitigem Schluss beherbergt heute noch den ursprünglichen Altar. Er zeigt eine Gemäldekopie des spanischen Malers Esteban Murillo: Die hl. Anna unterweist Maria im Lesen. Für diesen Bildtypus, eine Zweiergruppe von Anna und Maria mit einem zum Lesen geöffneten Buch, hat sich der Begriff „Unterweisung Mariens“ beziehungsweise „Anna lehrt Maria das Lesen“ eingebürgert. Aus England und Frankreich kommend, wo das Bildmotiv bereits im frühen 14. Jahrhundert zu finden ist, gelangte es mit der internationalen Gotik nach Deutschland, wo es fortan in allen Bildgattungen anzutreffen ist.

Bedeutendster Gewährsmann für die Erziehung von Maria durch Anna war Johannes Trithemius, zeitweise Abt des nahen Benediktinerklosters Sponheim. Er war ein glühender Verehrer der hl. Anna, der er eigens eine Schrift gewidmet hatte: De laudibus sanctissimae Matris Annae. Da die Erziehung von Kindern ihm ein besonderes Anliegen war, schildert er darin ausführlich, wie Anna liebevoll ihre Tochter unterrichtete. Verfolgte er mit seiner Abhandlung doch ganz konkret didaktische Absichten: „Lernet, o Mütter, von Anna, eure Töchter zur Ehre Gottes zu erziehen.“

Die Tugendhaftigkeit Annas, die in den mittelalterlichen, nun vermehrt volkssprachlichen Schriften betont wird, sollte dem Leser für sein eigenes Leben und Handeln Vorbild sein. Vor allem in der Zeit der Gegenreformation rückte der Aspekt der Erziehung in der Religion wieder in den Fokus und es entstanden zahlreiche Darstellungen, quer durch alle Kunstgattungen hindurch. Dazu zählt auch das heute in Madrid, im Museo del Prado, aufbewahrte Original des Altarblattes des spanischen Maler Esteban Murillo, das nach 1674 entstand.

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